Sortenempfehlungen Wintergerste Herbst 2025

Sortenversuch Wintergerste Bieswang

Sortenversuchsfeld

Wintergerste wichtigstes Kraftfutter für die Tierhaltung

Wintergerste stellt in Mittelfranken nach Winterweizen die zweitwichtigste Getreideart dar und liefert zugleich den größten Teil des Kraftfutters für die tierische Veredelung. In Milchvieh haltenden Betrieben ist auch das Gerstenstroh zur Verfütterung und als Einstreu sehr begehrt.
Die für Mittelfranken relevanten Landessortenversuche zu Wintergerste stehen in Rudolzhofen und in Bieswang.

Standort Rudolzhofen

Der Versuch in Rudolzhofen (Uffenheimer Gau, Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) konnte wegen später Ernte der Vorfrucht Silomais und aufgrund ungünstiger Witterung erst am 18.10.2024 pfluglos gesät werden. Der Bestand lief Ende Oktober gleichmäßig auf und bestockte im Lauf des milden Winters, den er ohne Frostschäden überstand.

Die extreme Trockenheit im Frühjahr verhinderte aber eine weitere Bestockung, so dass die Bestandesdichten am Ende weit unterdurchschnittlich waren. Aus dem gleichen Grund führte auch der in Stufe 2 zu Schossbeginn applizierte Wachstumsregler zu einer deutlichen Einkürzung, und der Krankheitsdruck blieb sehr gering. Als zum Beginn des Ährenschiebens in Stufe 2 eine breit wirksame Fungizid-Kombination eingesetzt wurde, konnten noch keine Blattkrankheiten bonitiert werden. Später traten jedoch in der unbehandelten Stufe 1 Mehltau, Zwergrost, Netzflecken und der Komplex aus nichtparasitären Blattverbräunungen/Ramularia auf, wobei nur letzterer nennenswerten Einfluss auf den Ertrag gewonnen haben dürfte. Lokale Gewitterniederschläge reichten in den dünnen Beständen für eine gute Einkörnung aus, die letztendlich zu einem sehr guten Ertragsergebnis führte. Klassisches Lager kam nicht vor.

Der Bestand wurde am 2.7.2025 geerntet. Die zweizeiligen Sorten lieferten dabei bereits in der unbehandelten Stufe 1 immerhin durchschnittlich 90,1 dt/ha und in der einmalig mit Wachstumsreglern und Fungiziden behandelten Stufe 2 im Durchschnitt sogar 98,7 dt/ha, womit der mehrjährige Ertragsdurchschnitt dieses Standortes um 8 dt/ha überschritten wurde. Auch die mehrzeiligen Sorten erreichten mit durchschnittlich 95,1 dt/ha in Stufe 1 und 100,6 dt/ha in Stufe 2 angesichts des mehrjährigen Ertragsdurchschnittes von 91,4 dt/ha ein weit überdurchschnittliches Ergebnis, welches auch vor dem Hintergrund einer aufgrund der Lage des Versuchsfeldes im „Roten Gebiet“ um 20 % reduzierten Stickstoffdüngung zu sehen ist.
Dank des relativ hohen Ertragszuwachses durch die höhere Intensität in Stufe 2 konnte hier der Mehraufwand gedeckt und noch ein Mehrerlös von 31 €/ha erzielt werden. Bei den mehrzeiligen Sorten genügte die nur mäßige Ertragssteigerung in Stufe 2 nicht, um die zusätzlichen Kosten zu decken, so dass hier ein Mindererlös von 32 €/ha entstand.

Standort Bieswang

Auch am Standort Bieswang (auf dem Jura, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen) wurde der Versuch erst am 18.10.2024 in ein gepflügtes, im Saathorizont fast zu feuchtes Saatbett nach Vorfrucht Winterweizen gesät. Der Bestand lief dennoch rasch auf, überstand den Winter ohne Auswinterungsschäden und wies im Frühjahr trotz verspäteter Aussaat und ungünstiger Saatbedingungen eine akzeptable Bestandesdichte auf.

Aufgrund des auch an diesem Standort sehr großen Niederschlagsdefizits während des gesamten Frühjahrs war der Krankheitsdruck sehr gering. Mehltau und Ramularia, im mehrzeiligen Sortiment zusätzlich noch Zwergrost, traten erst sehr spät in Erscheinung und hatten daher keinen großen Einfluss mehr auf den Ertrag. Daher war eine einmalige Behandlung mit Fungiziden in Stufe 2 kurz vor dem Grannenspitzen ausreichend. Sowohl bei der in Stufe 1 nur zum späten Termin, als auch bei der in Stufe 2 zweimalig erfolgten Wachstumsregler-Behandlung handelte es sich angesichts der recht kurzen Bestände eher um Versicherungsmaßnahmen. Klassisches Lager trat in beiden Stufen nicht auf.

Bei der Ernte am 10.7.2025 lieferten die zweizeiligen Sorten in Stufe 1 durchschnittlich 93,7 dt/ha und in Stufe 2 durchschnittlich 97,4 dt/ha und somit 1 dt/ha mehr als im mehrjährigen Durchschnitt. Die höhere Intensität in Stufe 2 war nicht rentabel; sie führte zu einem Mindererlös von 57 €/ha. Die statistische Verrechnung bei den mehrzeiligen Sorten ergab eine zu hohe Grenzdifferenz, sodass der Versuch nicht wertbar ist. Als Grundlage für die Sortenberatung dienen hier die Erträge aus dem Vorjahr sowie die überregionale Verrechnung.

Inzwischen liegen auch die aktualisierten Sorteneinstufungen vor.

Folgende Sorten werden zum Anbau in Mittelfranken empfohlen, wobei diese Sorten alle resistent gegen den Gerstengelbmosaikvirus-Typ 1 und gegen das Milde Gerstenmosaikvirus sind:

Almut (Bauer/IG Pflanzenzucht)
Die Sorte konnte heuer sowohl am Standort Rudolzhofen als auch am Standort Bieswang nicht ganz das sehr gute Vorjahresergebnis wiederholen. Überregional und auch mehrjährig liegt sie aber weiterhin leicht über dem Durchschnitt des Sortiments. Sehr positiv sind die als gut eingestufte Standfestigkeit und die geringe Anfälligkeit für Rhynchosporium zu sehen. Beim Marktwareanteil ist Almut gut, beim Hektolitergewicht leicht überdurchschnittlich eingestuft.
Arthene (Bauer Polska/IG Pflanzenzucht)
Auch Arthene schnitt heuer an beiden Versuchsstandorten etwas schlechter ab als im Vorjahr und liegt nun überregional ein- und auch mehrjährig genau im Durchschnitt des Sortiments. Die Sorte ist beim Marktwareanteil gut bis sehr gut und beim Hektolitergewicht gut eingestuft. Sie liegt dadurch nahezu gleichauf mit dem früheren Qualitäts-Primus Sandra und erfüllt am ehesten die geforderten Qualitätskriterien in der Vermarktung. Erfreulich ist auch ihre gute Einstufung bei den Kriterien Standfestigkeit, Ährenknicken und Rhynchosporium. Einzig die erhöhte Anfälligkeit für Mehltau ist zu beachten.
KWS Tardis (KWS)
Die Sorte liefert seit Jahren an beiden regionalen Versuchsstandorten und in beiden Anbaugebieten, sowohl ein- als auch mehrjährig, konstant durchschnittliche Erträge mit nur geringer Schwankungsbreite. KWS Tardis ist standfest und hat eine gute Resistenz gegen Rhynchosporium. Die Resistenzen gegen alle übrigen Krankheiten sind durchschnittlich. Sie ist beim Marktwareanteil und beim Hektolitergewicht gut eingestuft.
KWS Andris (KWS)
KWS Andris zeigte sich heuer am Versuchsstandort Rudolzhofen durchschnittlich ertragsstark, nachdem sie im Vorjahr dort an der Spitze des Sortiments lag. Am Standort Bieswang übertraf sie diesmal ihr durchschnittliches Vorjahresergebnis deutlich. In den zugehörigen Anbaugebieten „Fränkische Platten“ (AG 21) und „Jura/Hügelland“ (AG 23) ist sie sowohl ein- als auch mehrjährig sehr ertragsstark. Die Resistenzen gegen sämtliche Blattkrankheiten sind als gut durchschnittlich bewertet. Mit ihrer guten Einstufung beim Hektolitergewicht und der guten bis sehr guten Einstufung beim Marktwareanteil erreicht KWS Andris die Qualität der bereits empfohlenen Sorte Arthene oder auch der früheren Standard-Vermarktungssorte Sandra. Sie ist leicht überdurchschnittlich standfest und steht in beiden Anbaugebieten neu in der Empfehlung. Der Züchter empfiehlt eine Saatstärke von 280-350 Körnern/m².
Begrenzt empfohlen werden:
Valerie (Breun/Limagrain)
Die auch gegen den Gerstengelbmosaikvirus-Typ 2 resistente Sorte steht nur noch im Anbaugebiet „Fränkische Platten“ (AG 21) in der Empfehlung, wo sie am zugehörigen Versuchsstandort Rudolzhofen nach einem sehr schwachen Vorjahresergebnis heuer wieder sehr gut abschnitt. Als sogenannte doppeltresistente Sorte dürfte sie auf den typischen Virusstandorten im Gipskeupergebiet nach wie vor besser abschneiden als alle anderen bisher empfohlenen Sorten. Zu beachten sind ihre hohe Anfälligkeit für Blattverbräunungen und Zwergrost und die nur durchschnittliche Einstufung beim Ährenknicken. Die Sorte ist nur durchschnittlich standfest, liefert aber gute Marktwareanteile und Hektolitergewichte auf dem Niveau von Arthene und KWS Andris.
Bonnovi (Breun/Limagrain)
Bonnovi erreicht lokal und auch überregional und mehrjährig nicht ganz den Ertragsdurchschnitt des Sortiments. Sie liefert aber gute Hektolitergewichte, ist gut durchschnittlich standfest und neigt wenig zum Ährenknicken. Ihre Resistenz gegen die meisten Blattkrankheiten ist durchschnittlich; nur gegen Rhynchosporium und vor allem gegen Zwergrost hebt sie sich vom Durchschnitt ab. Bonnovi weist jedoch zwei Besonderheiten auf, welche eine erstmalige Empfehlung in beiden Anbaugebieten rechtfertigen: Sie ist nicht nur gegen den bodenbürtigen Gerstengelbmosaikvirus-Typ 1 und das Milde Gerstenmosaikvirus resistent, sondern auch gegen den vor allem im Gipskeupergebiet vorkommenden Gerstengelbmosaikvirus-Typ 2. Zusätzlich hat sie eine Resistenz gegen das von Blattläusen übertragene Gerstengelbverzwergungsvirus, wodurch Insektizidspritzungen im Herbst hinfällig sind. Als Saatstärke empfiehlt der Züchter 260-350 Körner/m².
KWS Donau (KWS)
Die Sorte wird begrenzt als Winterbraugerste empfohlen. In diesem Segment stellt sie einen ertraglichen Fortschritt gegenüber früheren Sorten dar, wenngleich auch sie weit unter dem Durchschnitt des Sortiments abschneidet. KWS Donau weist eine gute Kornqualität auf und ist gegen alle Blattkrankheiten durchschnittlich resistent. Auch ihre Standfestigkeit ist durchschnittlich.
Esprit (DSV)
Esprit lieferte heuer am Versuchsstandort Rudolzhofen nur knapp durchschnittliche Erträge, nach einem hervorragenden Ergebnis im Vorjahr. Auch überregional und mehrjährig rutscht sie dadurch unter den Durchschnitt des Sortiments. Die etwas später abreifende Sorte ist – abgesehen von Zwergrost – recht blattgesund und durchschnittlich standfest. Der Marktwareanteil und das Hektolitergewicht liegen auf dem Niveau der anderen empfohlenen mehrzeiligen Sorten, aber leicht unterhalb der empfohlenen zweizeiligen Sorten.
Integral (Secobra)
Die heuer in beiden Anbaugebieten neu in der Empfehlung stehende Sorte Integral konnte am Versuchsstandort Rudolzhofen ihr sehr gutes Vorjahresergebnis nicht wiederholen. Im zugehörigen Anbaugebiet „Fränkische Platten“ (AG 21), aber auch im Anbaugebiet „Jura/Hügelland“ (AG 23), schwankt sie jedoch sowohl ein- als auch mehrjährig um den Durchschnitt des Sortiments. Marktwareanteil und Hektolitergewicht liegen auf dem gleichen Niveau wie bei den anderen empfohlenen mehrzeiligen Sorten. Die Sorte ist gut durchschnittlich standfest und hoch anfällig für Mehltau. Ansonsten weist sie durchschnittliche Resistenzen auf. Als Besonderheit kann Integral eine Resistenz gegen das von Blattläusen übertragene Gerstengelbverzwergungsvirus vorweisen, was im Sinne der gewünschten Pflanzenschutzmittel-Reduktion zu begrüßen ist. Der Züchter empfiehlt eine Saatstärke von 270-340 Körnern/m².
RGT Mela (Borries-Eckendorf/R.A.G.T.)
Die Sorte lieferte im Vorjahr an beiden regionalen Versuchsstandorten Spitzenerträge. Am Standort Rudolzhofen schnitt sie heuer gut durchschnittlich ab. Auch überregional und mehrjährig liegt sie über dem Durchschnitt des Sortiments. Marktwareanteil und Hektolitergewicht liegen auf dem Niveau von Esprit und Integral. RGT Mela ist langstrohig, aber durchschnittlich standfest, und anfälliger für Netzflecken. Positiv fällt ihre gute Resistenz gegen Mehltau auf. Angesichts ihrer etwas erhöhten Neigung zum Ährenknicken erscheint eine Behandlung mit einem Ethephon-haltigen Wachstumsregler auf das Fahnenblatt sinnvoll. RGT Mela steht in beiden Anbaugebieten neu in der Empfehlung und sollte laut Züchter mit 240-290 Körnern/m² gesät werden.
Begrenzt empfohlen wird:
SU Midnight (Borries-Eckendorf/Saaten-Union)
Die auch gegen den Gerstengelbmosaikvirus-Typ 2 resistente Sorte schnitt am Standort Rudolzhofen heuer nach mehreren Jahren erstmals wieder zumindest knapp durchschnittlich ab. Überregional liegt sie mehrjährig inzwischen jedoch weit unter dem Durchschnitt des Sortiments und wird daher nur begrenzt für Standorte, auf denen Probleme mit dem Gerstengelbmosaikvirus-Typ 2 bestehen, im Anbaugebiet „Fränkische Platten“ (AG 21) empfohlen. Sie ist wenig anfällig für Mehltau, aber hoch anfällig für Rhynchosporium. Der Marktwareanteil ist gut, das Hektolitergewicht aber nur durchschnittlich eingestuft.
Sortenspezifische Anbauhinweise (z. B. zur Saatstärke) zu den schon länger empfohlenen Wintergersten-Sorten stehen im aktuellen Versuchsberichtsheft „Integrierter Pflanzenbau“ („Grünes Heft“) auf den Seiten 28 und 29.

Für Standorte, auf denen neben dem bodenbürtigen Gerstengelbmosaikvirus-Typ 1 auch der Typ 2 vorkommt (v. a. Gipskeupergebiet im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim), werden die zweizeiligen Sorten Valerie und Bonnovi und die mehrzeilige Sorte SU Midnight empfohlen.

Informationen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)