Sortenempfehlungen Wintergerste Herbst 2024
Sortenversuchsfeld
Wintergerste wichtigstes Kraftfutter für die Tierhaltung
Wintergerste stellt in Mittelfranken nach Winterweizen die zweitwichtigste Getreideart dar und liefert zugleich den größten Teil des Kraftfutters für die tierische Veredelung. In Milchvieh haltenden Betrieben ist auch das Gerstenstroh zur Verfütterung und als Einstreu sehr begehrt.
Die für Mittelfranken relevanten Landessortenversuche zu Wintergerste stehen in Rudolzhofen und in Bieswang.
Der Versuch in Rudolzhofen (Uffenheimer Gau, Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) wurde am 5.10.2023 pfluglos in ein fein hergerichtetes Saatbett nach Vorfrucht Silomais gesät. Der Bestand lief zügig und gleichmäßig auf, entwickelte sich im feuchten Herbst sehr gut und ging bestockt in den Winter, den er ohne Frostschäden überstand. Anders als an vielen anderen Versuchsstandorten traten hier keine Symptome von Verzwergungsviren auf.
Dank der warmen Witterung im März begann das Wachstum schon frühzeitig, wurde dann jedoch durch die eher kühlen Temperaturen und den wiederholt durchnässten Boden im April und Mai wieder ausgebremst. An Wassermangel litt die Gerste während der gesamten Vegetationszeit nie; es fehlte jedoch oft an Sonnenschein. Aufgrund des überraschend niedrigen Krankheitsdrucks wurde in Stufe 2 nur eine Fungizidmaßnahme auf das voll entwickelte Fahnenblatt durchgeführt, welche hauptsächlich auf den Komplex aus nichtparasitären Blattverbräunungen/Ramularia abzielte. Die anschließend anhaltend feuchte Witterung strapazierte die Dauerwirkung der eingesetzten Fungizid-Kombination.
Klassisches Lager kam nur in wenigen zweizeiligen Sorten vor und konnte auch dort meist durch die zweimalige Behandlung mit Wachstumsreglern in Stufe 2 verhindert werden. Wesentlich stärker zum Tragen kam jedoch das Halmknicken auf etwa 30 cm Höhe über dem Boden, wobei hier kaum Sorten- und auch kaum Stufenunterschiede festzustellen waren.
Aufgrund unbeständiger Witterung konnte der bereits überreife Bestand erst am 9.7.2024 geerntet werden. Dabei lagen die Erträge in beiden Sortimenten auf sehr ähnlichem Niveau: Die zweizeiligen Sorten lieferten in der unbehandelten Stufe 1 durchschnittlich nur magere 71,1 dt/ha und auch in der mit Wachstumsreglern und Fungiziden behandelten Stufe 2 im Durchschnitt nur 86,9 dt/ha, womit der mehrjährige Ertragsdurchschnitt dieses Standortes um 4 dt/ha unterschritten wurde. Auch die mehrzeiligen Sorten erreichten mit durchschnittlich 71,2 dt/ha in Stufe 1 und 88,8 dt/ha in Stufe 2 angesichts des mehrjährigen Ertragsdurchschnittes von 92 dt/ha nur ein unterdurchschnittliches Ergebnis. Sicher hat dazu auch die aufgrund der Lage des Versuchsfeldes im „Roten Gebiet“ um 20 % reduzierte Stickstoffdüngung beigetragen. Die sehr hohe Ertragsdifferenz zwischen Stufe 1 und Stufe 2 von 16 dt/ha bei den zwei- und sogar 18 dt/ha bei den mehrzeiligen Sorten überrascht angesichts des zwar erst spät einsetzenden, dann aber durch die anhaltend feuchte Witterung doch deutlichen Krankheitsdruckes kaum. Die höhere Intensität in Stufe 2 führte zu sehr hohen Mehrerlösen von 149 €/ha bei den zweizeiligen und 185 €/ha bei den mehrzeiligen Sorten.
Am Standort Bieswang (auf dem Jura, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen) wurde der Versuch am 27.9.2023 in ein gepflügtes, stark ausgetrocknetes und sehr grobscholliges Saatbett nach Vorfrucht Winterweizen gesät. Der Aufgang war deshalb sehr ungleichmäßig und lückig. Somit ging der Bestand uneinheitlich bestockt in den Winter und zeigte auch im Frühjahr noch deutliche Lücken, jedoch keine Auswinterungsschäden. Der trockene und warme Oktober hatte optimale Entwicklungsbedingungen für Blattläuse und Zikaden geboten, welche den Versuch mit Verzwergungsviren infizierten. Eine Laboruntersuchung auf Virusbefall vom April ergab an allen untersuchten Sorten positive Befunde, v. a. bei Weizen-Verzwergungsvirus (WDV). Nur dank der durchgehend ausreichenden Wasserversorgung konnten die vorhandenen Lücken im Bestand einigermaßen geschlossen werden, so dass am Ende noch eine Auswertung möglich war.
Die am stärksten aufgetretene Krankheit war Ramularia; ansonsten waren noch Rhynchosporium und Zwergrost zu finden. Insgesamt war eine einmalige Behandlung mit Fungiziden in Stufe 2 auf das voll entwickelte Fahnenblatt ausreichend.
Die in Stufe 1 mit reduzierter Aufwandmenge durchgeführte Wachstumsregler-Behandlung vermochte das Abknicken des am Ende doch sehr brüchigen Strohs nicht zu verhindern. Erst die in Stufe 2 verwendete praxisübliche Aufwandmenge erwies sich bei den meisten Sorten als ausreichend. Klassisches Lager trat nicht auf.
Bei der Ernte am 9.7.2024 lieferten die zweizeiligen Sorten in Stufe 1 durchschnittlich nur enttäuschende 65,5 dt/ha und auch in Stufe 2 durchschnittlich nur 77,8 dt/ha, wobei aber die höheren Kosten für Wachstumsregler und Fungizide in Stufe 2 gedeckt waren und ein Mehrerlös von 113 €/ha verblieb. Der mehrjährige Ertragsdurchschnitt dieses Standortes wurde jedoch um sage und schreibe 18 dt/ha verfehlt. Die mehrzeiligen Sorten kamen mit den schwierigen Auflauf- und Wachstumsbedingungen wesentlich besser zurecht und heben sich diesmal deutlich von den zweizeiligen Sorten ab. Doch auch hier blieb der Ertrag mit durchschnittlich 75,0 dt/ha in Stufe 1 und 91,5 dt/ha in Stufe 2 deutlich unter dem mehrjährigen Ertragsdurchschnitt, der um 8 dt/ha unterschritten wurde. Die höhere Intensität in Stufe 2 erwies sich auch hier mit einem Mehrerlös von 195 €/ha als hoch wirtschaftlich.
Für Standorte, auf denen neben dem bodenbürtigen Gerstengelbmosaikvirus-Typ 1 auch der Typ 2 vorkommt (v. a. Gipskeupergebiet im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim), werden die zweizeilige Sorte Valerie und die mehrzeilige Sorte SU Midnight empfohlen. Die Sorten Aretha, Avantasia, Julia und SU Hetti weisen zwar ebenfalls Resistenzen gegen beide Gelbmosaikvirus-Typen auf; ihnen fehlt jedoch die Resistenz gegen das Milde Gerstenmosaikvirus. In den genannten Gebieten mit (historisch) intensivem Wintergersten-Anbau muss aber auch mit dieser Virusart gerechnet werden.
Die empfohlenen Sorten im Überblick
Informationen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)