Auch Gesellschaft gefordert
Schweinehaltung geht dramatisch zurück
Trotz guter Preise geht die Schweinehaltung in Mittelfranken dramatisch zurück. Ursache hierfür sind die fehlende Planungssicherheit und die ständig wachsenden Auflagen sowie zunehmende Bürokratie.
Die Anzahl der Betriebe hat sich in den letzten 10 Jahren mehr als halbiert. Allein im vergangenen Jahr haben 13 % der Schweinehalter die Produktion eingestellt. Diese Tendenz dürfte sich aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen fortsetzen.
Besonders gravierend ist die Entwicklung bei den Ferkelerzeugerbetrieben. Der Selbstversorgungsgrad bei den Ferkeln liegt nur noch bei 50 %. Die fehlenden Ferkel werden aus Dänemark, den Niederlanden und den ostdeutschen Betrieben geliefert. Eine Entwicklung, die besorgniserregend und mit dem Ziel regionaler Wirtschaftskreisläufe schwer vereinbar ist.
Jahr | Schweine | Ferkel | Zuchtsauen | Andere Schweine | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Anzahl Betriebe | Anzahl Tiere | Anzahl Betriebe | Anzahl Tiere | Anzahl Betriebe | Anzahl Tiere | Anzahl Betriebe | Anzahl Tiere | |
2010 | 3.233 | 535.797 | 1.078 | 186.561 | 964 | 52.240 | 3.130 | 296.996 |
2016 | 1.903 | 469.499 | 531 | 153.020 | 536 | 37.722 | 1.780 | 278.757 |
2020 | 1.330 | 411.545 | 395 | 139.623 | 335 | 27.963 | 1.248 | 243.959 |
Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik 2023
K-Fragen
Die Ursachen bei den Ferkelerzeugern liegen bei den sogenannten drei K-Fragen:
- Kastenstand
- Kastrationsverbot
- Kupierverzicht
Die Kastenstandfrage und die betäubungslose Kastration sind lösbar, haben aber den Betrieben größere Investitionen abverlangt. Aktuell sind die Betriebe gefordert, die Deckzentren umzubauen. Die Tiere brauchen laut TierschutzNutz-Tierhaltungsverordnung nach dem Absetzen bis zum erfolgreichen Decken mindestens 5 m² Platz je Tier und eine strukturierte Buchtenfläche.
Größere Anstrengungen dagegen sind beim Kupierverzicht notwendig. Die Stallungen sind oft mit Spaltenböden ausgestattet und der Einsatz von Beschäftigungsmaterial, wie z.B. Stroh ist schwer mit der Gülleableitung kombinierbar.
Die Gesellschaft fordert immer mehr Tierwohl in den Ställen ein, akzeptiert aber meist nicht den höheren Preis.
Geänderte Anforderungen
Diese Entwicklung dreht sich. Gefordert sind heute deutlich mehr Platz/Fläche für die Tiere, dazu ein Außenklimareiz, besser noch ein Auslauf, Einsatz von zusätzlichem Beschäftigungsmaterial und Raufutter. Der Einsatz von Stroh und der Verzicht auf Spaltenboden sind weitere Forderungen. All diese Maßnahmen verteuern die Produktion und erhöhen den Arbeitsaufwand.
Diese Entwicklung greift der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) auf und bietet dem Landwirt spezielle Vermarktungsprogramme an. Ihnen ist gemein, dass sie zu knapp kalkuliert sind. Die anfallende Mehrarbeit und Mehrkosten sind oft nicht gedeckt. Die staatlichen Förderprogramme greifen hier nur begrenzt. Die Fördervoraussetzungen sind sehr hoch und erfordern sehr viel Vorlaufzeit. Und auch nicht in jedem Betrieb lassen sich diese Forderungen umsetzen. Beengte Hoflagen und geforderte Ausläufe lassen eine Weiterentwicklung oft nicht zu. Genehmigungsverfahren gestalten sich nach wie vor schwierig und langwierig. Hinzu kommen eine relativ kurze Laufzeit der angebotenen Verträge und sich ständig ändernde Anforderungen an die Produktionsbedingungen. Die Betriebe reagieren folgerichtig mit einem Investitionsrückstau, den die meisten nicht mehr aufholen.
Neu hinzu kommen zwei weitere Aspekte:
- Es wird immer schwieriger für die Tierhaltung, geeignetes und zuverlässiges Personal zu finden.
- Vom Gesetzgeber und Lebensmitteleinzelhandel geforderte Dokumentationen binden immer mehr Zeit und verlangen viel Verständnis.
Die Gesellschaft muss entscheiden. Mehr Tierwohl hat seinen Preis. Wir laufen Gefahr, die Eigenversorgung bei Schweinefleisch nicht mehr gewährleisten zu können.